Geschichte darf nicht nur Vergangenheit bedeuten
Am 27. Januar, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, hat auch das Gladbacher Haus der Erinnerung wieder der Opfer gedacht – darunter dem Mönchengladbacher Widerstandskämpfer Theo Hespers. Coronabedingt war eine Veranstaltung nicht möglich. Warum es trotzdem wichtig ist, in dieser Zeit zu „gedenken“, darüber hat der Extra-Tipp mit Ferdinand Hoeren, dem 1. Vorsitzenden, und Jutta Finke-Gödde, der stellvertretenden Vorsitzenden der Theo-Hespers-Stifung, gesprochen.
⇒ Lesen Sie den Artikel auf der Homepage der Redaktion www.meine-woche.de
Ihr werdet, hoffe ich, noch einmal die neue schöne Zeit erleben, nach der ich mich immer sehnte, und in einem glücklichen Volk, friedlich, gesättigt und froh leben. Ich wünsche es allen Menschen."
Als der Mönchengladbacher Widerstandskämpfer diese Worte aufschrieb, war er im holländischen Exil und hoffte auf eine bessere Zukunft. Statt auf der Flucht vor der Nazi-Diktatur zu sein, wünschte sich Theo Hespers in einem demokratischen Deutschland leben zu können. Für den politisch Verfolgten blieb dieses Glück nur ein unerfüllter Traum. Am 9. September 1943 vollstreckte der NS-Staat in Berlin-Plötzensee ein gegen Hespers “im Namen des Deutschen Volkes” verhängtes Todesurteil. Der Volksgerichtshof hatte den gebürtigen Mönchengladbacher der Vorbereitung zum Hochverrat und des Landesverrats für schuldig befunden und zum Tod durch Erhängen verurteilt. Vorangegangen war ein Prozess, in dessen Verlauf dem Angeklagten niemals die Chance auf eine faire Verteidigung gegen diese Anklage blieb. Das nationalsozialistische Unrechtsregime entledigte sich mit aller Härte und Grausamkeit eines politischen Gegners, der seit 1933 auf der Flucht vor der Gefangennahme durch die NS-Schergen in den Niederlanden war und von dort, seit 1940 im Untergrund, für ein demokratisches Deutschland gekämpft hatte
Als BürgerInnen eines glücklichen Volkes, das schöne Zeiten erleben darf, empfinden sich die meisten Deutschen auch in dieser Zeit sicherlich nicht. Hinter uns liegt ein krisenhaftes Jahr, das ganz im Zeichen der Covid-19-Pandemie stand. Viele Menschen plagen Ängste um ihre Gesundheit und vor einer ungewissen Zukunft. Manche Probleme, die sich bereits vor der Krise zeigten, sind in ihrer Folge deutlicher hervorgetreten. Unsere Gesellschaft scheint durch die Erfahrung der Pandemie noch mehr gespalten zu sein, als sie es bisher bereits war. In diesen Tagen stehen sich GegnerInnen und BefürworterInnen der in Bund und Ländern verordneten Corona-Schutzmaßnahmen teilweise unversöhnlich gegenüber. In den sozialen Medien werden Verschwörungstheorien geteilt, die unsere demokratischen Grundsätze in Frage stellen. Manche nehmen für sich in Anspruch, ihre Überzeugung rechtfertige den Einsatz von Gewalt. Wir müssen feststellen, dass der Widerstand gegen das Unrechtssystem des Nationalsozialismus instrumentalisiert wird, um die eigene politische Position zur alleinigen Wahrheit und sich selbst zum Opfer zu stilisieren, während der politische Gegner als Täter und Lügner diskreditiert wird.
Weiterlesen: 27. Januar | Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus„Ich rede von der Demokratie als etwas Kommendem. Das, was schon jetzt so heißt, unterscheidet sich von den älteren Regierungsformen allein dadurch, daß es mit neuen Pferden fährt: Die Straßen sind noch die alten und die Räder sind auch noch die alten.
Zur Zeit wird (mal wieder) in Mönchengladbach heftig über Straßennamen bzw. Straßenumbenennungen diskutiert. Meist jedoch nicht öffentlich, sondern vermehrt, abgesehen vom Kulturausschuss, in einigen Hinterzimmern. Es fehlt an einer öffentlichen politischen Gesprächs- bzw. Streitkultur in Mönchengladbach. Es fehlt offensichtlich auch ein lebendiges Interesse daran, dass Straßennamen etwas aussagen sollten zu dem, was die Stadt geprägt hat und prägen soll und was die Stadt als Bestandteil ihres Selbstbewusstseins (Marke) pflegen möchte. Apropos pflegen: ja, Straßennahmen sollten in einer Kommune gepflegt werden. Sie sind nicht einmal da und bleiben für die Ewigkeit, sondern sind dem historischen Wandel unterworfen.
Weiterlesen: Erinnerungskultur im öffentlichen Raum„Heimat (…) wird nicht länger als Kulisse verstanden, sondern als Lebenszusammenhang, als Element aktiver Auseinandersetzung, die nicht an äußeren Symbolen und Emblemen des Heimatlichen Halt macht.“1
Was ist Heimat? Allein schon Begriffe wie Heimweh und Heimatverlust, heimatlos und heimisch, Unheimat und Heimatt2, verheizte, himmlische und hippe Heimat, Heimatliebe und Heimaterde sowie multilokale Heimat oder gar Hybridheimat machen deutlich, dass es mit der Heimat nicht so einfach ist. Trotzdem wagen wir zusammen mit der Autor*innengemeinschaft den Versuch, uns dem Thema „Heimat und Identität in Mönchengladbach“ aus verschiedenen Blickwinkeln und thematischen Ansätzen anzunähern. Dennoch, abschließend kann auch in diesem Buch die Frage „Was ist Heimat?“ präzise nicht beantwortet werden.
Wird man persönlich gebeten, zu beschreiben, was genau mit Heimat gemeint ist, wirds in der Regel schwierig. Während ältere Menschen aus der Gewohnheit noch eher etwas mit dem Begriff anfangen können, kommen jüngere Stadtbewohner*innen ins Grübeln. Heimat ist eben kein analytischer Begriff, sondern eher ein individueller Wahrnehmungsbegriff. Wenn von Heimat gesprochen wird, hat dies zunächst sehr viel mit Herkunft, Tradition vor Ort bzw. dem näheren individuellen Umfeld zu tun.
Dazu gehören vor allem wahrgenommene Gefühle, Gerüche, Naturerleben, Erinnerungen und soziale Anbindungen und Zugehörigkeiten – kurz: Alltagserlebnisse, insbesondere als Kind oder Jugendlicher. Heimat hat mit überschaubaren sozialräumlichen Bezügen zu tun, also den sozialen Kontakten, ebenso wie dem gestalteten Umfeld – und letztlich der eigenen Identität – der Vorstellung von sich selbst.
Weiterlesen: Heimat, Identität und MönchengladbachAm 19.Januar 1919 konnten Frauen erstmals zu den Wahlen der Verfassungsgebenden Nationalversammlung als Kandidatinnen antreten und wählen.
82 Prozent der Frauen nahmen damals ihr Wahlrecht wahr und der Frauenanteil in der Nationalversammlung betrug 9 Prozent.
Am 30. November 1918 wurde nach jahrzehntelangem hartnäckigem Kampf von Frauen gegen enormen Widerstand in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt. Diese historischen Daten markieren Meilensteine im Kampf für gleichberechtigte politische Teilhabe von Frauen und gibt uns heute 100 Jahre später Anlass weiterhin für Frauenrechte und eine gleichberechtigte Gesellschaft zu streiten.
Aus diesem Anlass wurde die Broschüre „100 Jahre Frauenwahlrecht 1918-2018“ mit kommunalem Bezug von der Mönchengladbacher Frauengeschichtsgruppe „FrauenVita e.V.“ gemeinsam mit Frauen der Viersener Geschichtsgruppe „Euregia – Frauenwege zwischen Rhein und Maas“, dem Frauengeschichtskreis Dinslaken und „Frauen plus für Monheim“ sowie mit Unterstützung der Gleichstellungsstellen der Städte Mönchengladbach und Viersen erstellt.